Franchise | Homeschooling-Folgen: Nachhilfe durch Studienkreis stark nachgefragt

Der Nachhilfeanbieter Studienkreis verzeichnete im Oktober 2020 deutlich mehr Anmeldungen als im selben Monat des Vorjahres. Eine Umfrage unter 300 Nachhilfe-Interessenten zeigt, dass vor allem Wissenslücken aus den Homeschooling-Monaten den Familien Sorge bereiten.
 
Bundesweit sind die Dienste des Studienkreises, der zu den größten privaten Bildungsanbietern in Deutschland zählt, im Oktober 2020 deutlich stärker gefragt als im Oktober des Vorjahres. In einzelnen Bundesländern liegt das Wachstum sogar bei 90 Prozent.

„Große Wissenslücken“

 „Mit den ersten Klassenarbeiten im neuen Schuljahr hat sich gezeigt, dass die Homeschooling-Zeit bei vielen Schülerinnen und Schülern große Wissenslücken hinterlassen hat“, erklärt Max Kade, Pädagogischer Leiter des Studienkreises. Durchschnittlich 17 Wochen lang waren die Schulen in Deutschland ab März 2020 wegen der Corona-Pandemie geschlossen.

Studienkreis_Gespräch_Familie_2020

„Während des Homeschoolings haben sich Faktoren auf den Lernerfolg ausgewirkt, die im Präsenzunterricht weniger ins Gewicht fallen“, sagt Kade. „Schülerinnen und Schüler, denen es nicht gut gelingt, sich allein Lernstoff anzueignen, sind stärker zurückgefallen als andere. In dieser Situation haben gerade die Kinder die wenigsten Probleme, die zu Hause Unterstützung erhalten. Der Lernzuwachs darf aber im Sinne der Bildungsgerechtigkeit nicht davon abhängen, ob die Eltern über Zeit und ausreichende Kenntnisse verfügen, um die Aufgabe der Schule zu übernehmen.“

Mangelhafte Kommunikation

Eine Umfrage unter 300 Nachhilfe-Interessenten des Studienkreises im Oktober 2020 zeigt, dass viele der Anfragen auf die Schulschließungen zurückgehen. 84 Prozent der Befragten vermuten, dass während der Homeschooling-Zeit bei ihren Kindern große Lücken (35 Prozent) oder zumindest einige Lücken (49 Prozent) entstanden sind.

Dass es den Schulen gelingt, das fehlende Wissen zeitnah aufzuarbeiten, glaubt mit 21 Prozent nur eine Minderheit, während 77 Prozent nicht damit rechnen. Für diese Überzeugung könnte auch die Kommunikation der Schulen ausschlaggebend sein. Mehr als zwei Drittel der Befragten (69 Prozent) gaben an, dass die Schule sie nicht informiert habe, wie sie die Wissenslücken zu schließen gedenkt.

Veränderter Lernbedarf

Dass es vielen Neukunden darum geht, Wissenslücken aufzuarbeiten, beobachtet auch Henri Tomic, Leiter des Studienkreises in Augsburg-Göggingen. „Die Schülerinnen und Schüler kommen mit einem anderem Lernbedarf als vor der Coronakrise“, sagt Tomic. „Vorher ging es meistens darum, in der Nachhilfe das Gelernte zu üben und anzuwenden. Jetzt ist der Bedarf nach grundsätzlichen Erläuterungen und Einführungen viel höher. Wir haben hier Jugendliche, die sich auf Klassenarbeiten zu Themen vorbereiten müssen, die nie im Präsenzunterricht vermittelt wurden.“

Wie gut es gelinge, die Wissenslücken zu schließen, sei individuell sehr unterschiedlich, sagt Tomic. Dass der über rund 17 Wochen verpasste Lernstoff schnell aufgeholt werden könne, glaubt er nicht. „Der Zeitraum, um eine Lücke zu schließen, kann länger sein als der Zeitraum, in dem sie entstanden ist. Neuer Lernstoff baut ja auf früherem auf. Die Schülerinnen und Schüler, bei denen zum Beispiel in Mathematik Lücken entstanden sind, können auch neue Inhalte nicht richtig aufnehmen. So entstehen immer neue Lücken“, erklärt Tomic.

Schere öffnet sich

Besondere Sorge bereitet Tomic, dass Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten während der Coronakrise weiter zurückfallen. „Während der Schulschließungen haben die Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler mit Aufgaben versorgt, aber es gab oft kaum Kontrollen, Feedback oder persönlichen Kontakt zu den Lehrerinnen und Lehrern. Jugendliche, die nur gering motiviert sind und keine ausgeprägte Selbstdisziplin besitzen, brauchen aber mehr Unterstützung. Genau das ist ja die Aufgabe von uns Pädagogen“, betont Tomic.

Ein besonders starkes Wachstum sieht der Studienkreis bei Nachhilfe, die über das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) gefördert wird. „Offenbar erteilen die Jobcenter und Ämter den förderberechtigten Familien in diesem Jahr die Bewilligung schneller und leichter“, sagt Max Kade, der Pädagogische Leiter des Studienkreises. „Dahinter dürfte die Überzeugung stecken, dass es die Schulen allein nicht schaffen, mit allen Kindern und Jugendlichen den versäumten Lernstoff aufzuarbeiten, und dass die sozial Schwächeren besonders gefährdet sind.“

Online-Nachhilfe immer beliebter

Eine weitere Entwicklung zeigt sich im Bereich der Online-Nachhilfe. Während der Schulschließungen und auch danach haben viele Kunden das digitale Angebot des Studienkreises wahrgenommen. Inzwischen hat es sich als Alternative zur Präsenznachhilfe etabliert. Ein Viertel der 300 vom Studienkreis befragten Eltern interessierte sich generell für Nachhilfe über das Internet, 57 Prozent würden das Angebot nutzen, falls ein Lockdown Nachhilfe vor Ort verhindert.

„Viele Schülerinnen und Schüler kommen gern zu uns. Aber noch wichtiger sind ihnen Beständigkeit und regelmäßiger Kontakt. „Immer wieder werden wir gefragt, ob die Nachhilfe online weiterlaufen kann, falls Schulschließungen oder Quarantäne verhindern, dass sie herkommen“, sagt Henri Tomic.