Backbranche: Nachfrage nach gastronomischen Angeboten steigt

igenda FACHMAGAZIN
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21.03.2014

Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch von Brot und Backwaren liegt seit mehreren Jahren nahezu konstant bei rund 85 Kilogramm. Die Zahl der klassischen Handwerksbäckereien ist in den letzten zehn Jahren hingegen kontinuierlich gesunken. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die zunehmende Konkurrenz durch den Lebensmitteleinzelhandel mit seinen Backstationen. Gleichzeitig lässt sich beobachten, dass die Bedeutung des Außer-Haus-Verzehrs aufgrund der steigenden Mobilität und Erwerbstätigkeit zunimmt. Entsprechend steigt die Nachfrage nach gastronomischen Angeboten. forSYSTEMS stellt drei etablierte Franchisesysteme der Backbranche vor und zeigt, wie diese mit den veränderten Marktbedingungen umgehen.

Back-Factory

2002 startete Back-Factory als klassische SB-Bäckerei. Sieben Jahre später entschied sich die Systemleitung für eine Repositionierung und die Einführung des backgastronomischen Konzeptes.

„Unser Ursprung ist die klassische SB-Bäckerei, aber unsere Zukunft liegt im Quickservice als Snackprofi für Backwaren“, erklärt Peter Gabler. Den Grund für den Strategiewechsel liefert der Geschäftsführer der Back-Factory gleich mit: „Das Konzept der SB-Bäckerei hat heutzutage der Lebensmitteleinzelhandel mit seinen Backstationen adaptiert, daher haben wir diesen Markt endgültig verlassen.“

Vom SB-Bäcker zum Snackprofi

Zentrales Merkmal des backgastronomischen Konzeptes ist die Verbindung von Funktionalität und Modernität, die auf ein trendiges und verkaufsförderndes Ambiente für den schnellen Zwischendurchgenuss von Snacks und Kaffee setzt. Zugleich wurde das Sortiment der neuen Zielstellung entsprechend weiterentwickelt: Während in den Anfängen ausschließlich Brot- und Backwaren angeboten wurden, bietet das neue Konzept auch Snacks und Convenience-Produkte. Seit Oktober 2009 wurden alle neuen Standorte nach dem neuen Konzept eröffnet. Gleichzeitig wurden sowohl die eigenen Filialen als auch die Franchisepartner-Betriebe nach Möglichkeit umgebaut, sodass mittlerweile ca. 80 der 120 Standorte in Deutschland das neue Konzept berücksichtigen.

Rekordumsatz in 2013

Der durchschnittliche Umsatz pro Standort stieg im Vergleich zum Vorjahr um neun Prozent auf rund 790.000 Euro. 2008 belief sich dieser noch auf lediglich 624.000 Euro. Die Repositionierung manifestiert sich jedoch nicht nur in der Höhe des Umsatzes, sondern auch in dessen Zusammensetzung. Mittlerweile beträgt der Anteil der Erlöse aus dem Gastronomie-Bereich am Systemumsatz mehr als zwei Drittel.

Flagship-Store in Frankfurt

Im Mai 2013 eröffnete Back-Factory in Frankfurt am Main zudem ein sogenanntes Deli, in dem an Bedientheken nach angloamerikanischen Vorbild vor den Augen der Kunden kleine Gerichte und Snacks frisch zubereitet werden. Der Flagship-Store erstreckt sich über insgesamt 365 qm und verfügt über 115 Sitzplätze. Der Pilotbetrieb dient insbesondere dazu, Erfahrungen zu sammeln und das Systemprofil zu schärfen. „Mit unserem Back-Factory Deli möchten wir unsere Wahrnehmung als Qualitätsanbieter steigern und zudem unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem Snack-Markt stärken“, erläutert Gabler.

Backwerk

BackWerk gilt als Erfinder der SB-Bäckereien und ist flächendeckend in allen deutschen Bundesländern vertreten.

Das System, das 2001 von Hans-Christian Limmer und Dirk Schneider gegründet wurde, zählt allein in Deutschland 225 Franchisepartner, die gemeinsam rund 280 Standorte betreiben. Hinzu kommen 30 Standorte in Österreich, Slowenien, der Schweiz und den Niederlanden. „Bislang erzielen wir erst 10 Prozent unseres Umsatzes im Ausland. Die Internatio­nalisierung zeigt jedoch, dass unser modernes Bäckereikonzept auch außerhalb Deutschlands gut ankommt“, freut sich Schneider, der als geschäftsführender Gesellschafter gemeinsam mit seinem ehemaligen Studienkollegen Limmer auch heute noch die Geschicke des Systems leitet.

Von 16 auf 306 in zehn Jahren

In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der BackWerke nahezu verzwanzigfacht. „Wir hätten sogar noch schneller expandieren können, aber wir treffen stets sehr konservative Anmietungsentscheidungen. Grundsätzlich wird jedes Objekt von uns so bewertet, als wenn wir es selbst eröffnen müssten“, erläutert Schneider. Da Existenzgründer für die Besitzer von Einzelhandelsimmobilien in Top-Lagen in der Regel nicht in Frage kommen, werden die Ladenlokale von der BackWerk-Zentrale in Essen angemietet.

Preisvorteile durch SB-Konzept und Backen vor Ort

Viele Produkte kann BackWerk nach eigenen Angaben mehr als 30 Prozent billiger als der Durchschnitt des Bäckerhandwerks anbieten. „Einerseits sparen wir durch das SB-Konzept Perso­nalkosten – schließlich arbeitet der Kunde in einer SB-Bäckerei mit. Das wird durch niedrigere Preise honoriert. Mindestens genauso wichtig ist, dass wir an den einzelnen Standorten permanent frisch backen. Dadurch bleiben abends nur zwei Prozent der Ware übrig. Bei den Bedienungsbäckereien sind es rund zehn Prozent“, nennt Schneider die beiden wichtigsten Faktoren für den Preisvorteil.

Umsatzzuwächse durch gastronomische Angebote

Für die Zukunft erwartet Schneider eine weiter steigende Nachfrage nach gastronomischen Angeboten. „Die Bedienungsbäckereien stehen unter hartem Kostendruck. Jedes Jahr geben deutschlandweit 500 Bäckereiunternehmen auf. Gleichzeitig nimmt der Verzehr unterwegs zu, sodass Bäckereiverkaufsstellen in den richtigen Lagen durch entsprechende Angebote starke Umsatzzuwächse erzielen können .“

Kamps

Mit rund 360 Franchisepartnern zählt Kamps deutschlandweit zu den größten Systemen. Die erste Kamps Bäckerei wurde bereits 1982 in Düsseldorf eröffnet.

Nach dem Start des aktiven Franchisings im Jahr 1996 durchlebte das Unternehmen turbulente Zeiten: Zunächst wurde ein Börsengang realisiert (1998), nur vier Jahre später wurde die Aktiengesellschaft von der italienischen Barilla-Gruppe übernommen. Ein Management-Buy-Out sorgte schließlich dafür, dass das Unternehmen als Kamps GmbH 2010 wieder in ruhigeres Fahrwasser zurückkehrte.

Bäckereien in NRW, Backstuben deutschlandweit

Die neue Eigentumsstruktur führte auch zu einer strategischen Neuausrichtung, die den Trend des Außer-Haus-Verzehrs aufgreift und sich wie folgt zusammenfassen lässt: Stärkung der klassischen Kamps Bäckereien in Nordrhein-Westfalen und den angrenzenden Regionen bei zeitgleicher Ausweitung des neuen Backstuben-Konzeptes auf die ganze Bundesrepublik. „Mit unseren klassischen Kamps Bäckereien bieten wir den Menschen eine Grundversorgung mit typischen Backwaren“, erklärt Marketing-Leiter Peter Bosch. Die Fokussierung auf den Westen der Republik ist dabei historisch bedingt. „NRW ist das Kamps-Mutterland. In keiner anderen Regionen haben unsere Bäckereien eine derartige Verbreitung und Beliebtheit. Zudem können wir dort auf die bestehende Struktur einer zentralen Produktionsstätte zurückgreifen, von der aus die einzelnen Bäckereien täglich frisch beliefert werden.“

Backstuben: Dem Bäcker über die Schulter schauen

Die Kamps Backstuben, die sich durch eine hohe Aufenthaltsqualität auszeichnen, sind hingegen unabhängig von einer zentralen Belieferung und produzieren ihre Backwaren eigenständig vor den Augen der Kunden. „Das Backstuben-Konzept ist daher ideal, um deutschlandweit und auch im Ausland handwerkliche Backwaren, Snacks und kleine Mahlzeiten in hoher Qualität zu verkaufen“, erklärt Bosch. Mit der Eröffnung von zwei Backstuben in London ist der erste Schritt Richtung Internationalisierung bereits getan.

Mehr Wettbewerber aus benachbarten Marktsegmenten

Für die Zukunft erwartet auch Bosch einen sich fortführenden Konsolidierungsprozess bei den klassischen Bäckereien. „Die Preissensibilität und die Qualitätsansprüche der Kunden werden weiter zunehmen. Gleichzeitig werden neue Wettbewerber aus benachbarten Marktsegmenten als Akteure auftreten, weil die Bedeutung der gastronomischen Angebote aufgrund des zunehmenden Außer-Haus-Verzehrs weiter zunehmen wird.“

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