Die Widerrufsbelehrung und deren Bedeutung für den Abschluss von Franchise-Verträgen

igenda FACHMAGAZIN
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Die Widerrufsbelehrung und deren Bedeutung für den Abschluss von Franchise-Verträgen ist immer wieder als „never ending story“ bezeichnet worden. Der Grund dafür liegt darin, dass sich die Widerrufsbelehrung in den letzten 25 Jahren immer wieder geändert hat und für viele Franchise-Systeme Unklarheit darüber bestand, in welcher Form eine Widerrufsbelehrung gegenüber einem Franchise-Nehmer bei Abschluss des Franchise-Vertrages vorzunehmen ist, d.h. wie dieser darüber zu belehren ist, dass er innerhalb der vom Gesetz festgelegten Frist seine auf Abschluss des Franchise-Vertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen kann.

Alles begann mit der Entscheidung des BGH vom 16. April 1986 (BGHZ 94, 226). Mit dieser Entscheidung stellte der BGH fest, dass die Vorschriften des Abzahlungsgesetzes auf Franchise-Verträge Anwendung finden. In entsprechender Weise hatte sich zuvor schon das OLG Schleswig (NJW 1984, 3024) geäußert.

Danach hat die Diskussion um die Widerrufsbelehrung nie aufgehört – bis heute. Teilweise war diese im Verbraucherkreditgesetz geregelt, dann im Fernabsatzgesetz, bevor diese durch die Schuldrechtsreform wieder in das Bürgerliche Gesetzbuch überführt wurde. Nunmehr finden sich die gesetzlichen Regelungen zur Widerrufsbelehrung in den §§ 355, 360 BGB, wobei das amtliche Muster zur Widerrufsbelehrung in Anlage 1 zum EGBGB veröffentlicht ist.

Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung

§ 360 I 1 Ziff. 1-4 BGB hält de lege lata fest, welche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung gestellt werden. Danach muss eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung folgende gesetzliche Vorgaben erfüllen:

  • einen Hinweis auf das Recht zum Widerruf,
  • einen Hinweis darauf, dass der Widerruf keiner Begründung bedarf und in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb der Widerrufsfrist erklärt werden kann,
  • Name und ladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist und
  • einen Hinweis auf Dauer und Beginn der Widerrufsfrist sowie darauf, dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung oder der Sache genügt und
  • die Widerrufsfrist 14 Tage beträgt.

Dadurch, dass das amtliche Muster zur Widerrufsbelehrung in Anlage 1 zum EGBGB geregelt ist, hat dieses Gesetzeskraft. Insofern kann – wie in der Vergangenheit geschehen – das amtliche Muster zur Widerrufsbelehrung nicht mehr durch die Instanzgerichte verworfen werden; wie etwa durch das Urteil des LG Halle vom 13. Mai 2006 (BB 2006, 1878) im Hinblick auf das seinerzeitige amtliche Muster zur Widerrufsbelehrung.

Nicht jeder Franchise-Nehmer muss belehrt werden

Die Widerrufsbelehrung ist aber nach derzeitigem Recht nicht gegenüber jedem FranchiseNehmer vorzunehmen. Entscheidend zum einen ist, dass aufgrund des abzuschließenden Franchise-Vertrages eine Bezugsbindung begründet wird, d.h. dass der Franchise-Nehmer verpflichtet ist, die von ihm in seinem Franchise-Outlet abzusetzenden Produkte entweder vom Franchise-Geber oder von zum Franchise-System gelisteten Lieferanten zu beziehen hat, und zum anderen die Investitionen, soweit diese auf den Franchise-Vertrag zurückgehen, nicht die Widerrufswertgrenze von EUR 75.000,00 (§ 512 BGB) übersteigen – sog. Existenz-Gründungs-Franchise-Nehmer. Ist der Franchise-Nehmer bei Abschluss des Franchise-Vertrages bereits Unternehmer i.S.v. § 14 BGB und gehört der Abschluss des Franchise-Vertrages zu seinem Unternehmen, d.h. ist als ein unternehmensbezogenes Geschäft anzusehen, so entfällt die Verpflichtung zur Widerrufsbelehrung gänzlich. Vorzunehmen ist diese also nur gegenüber Verbrauchern i.S.v. § 13 BGB bzw. Existenzgründungs-Franchise-Nehmern.

Gesetzesänderung macht Neufassung der Widerrufs­belehrung ab Juli 2014 erforderlich

Zum 13. Juli 2014 wird das Recht zur Widerrufsbelehrung grundsätzliche Änderungen erfahren, und zwar durch die Auswirkungen der sog. EU-Verbraucherrechte-Richtlinie (Richtlinie 2011/ 83/U), die von der EU-Kommission am 25. Oktober 2011 verabschiedet wurde. Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten der EU bis zum 13. Dezember 2013 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen und zu veröffentlichen, die erforderlich sind, um die Richtlinie entsprechend der Vorgabe des Europäischen Parlamentes und des Rates der EU in nationales Recht umzusetzen.

Die Bundesregierung der Bundesrepublik Deut­-schland hat dazu am 06. März 2013 in den Deutschen Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie (Drucks17/12637) eingebracht. Nach entsprechenden Anhörungen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages wurde dieses Gesetz am 14. Juli 2013 als Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie (BR-Drucks 498/13) verabschiedet. Das Gesetz ist bislang zwar im Bundesgesetzblatt noch nicht veröffentlicht worden, wird aber am 13. Juli 2014 in Kraft treten.

Für Franchise-Systeme ist dieses Gesetz deswegen von Bedeutung, weil das Recht der Widerrufsbelehrung eine umfassende Änderung erhält. Insofern müssen sich alle Systeme auf eine neu gefasste Widerrufsbelehrung einstellen, soweit Franchise-Nehmer aufgrund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen über ihr Widerrufsrecht zu belehren sind. Auf der Grundlage des neuen amtlichen Musters zur Widerrufsbelehrung sind dann die entsprechenden Widerrufsbelehrungen ab 13. Juli 2014 vorzunehmen. Alt-Verträge, d.h. bis zum 12. Juli 2014 (00:00 Uhr) abgeschlossene Franchise-Verträge sind von diesen neuen gesetzlichen Regelungen nicht betroffen. Hier gilt noch das alte Recht. Auch ist für solche Franchise-Verträge, die bis zum 12. Juli 2014 abgeschlossen werden, keine erneute Widerrufsbelehrung auf Grundlage des vom 13. Juli 2014 an geltenden Musters zur Widerrufsbelehrung vorzunehmen.

Der Text der Widerrufsbelehrung als solcher wird in einem Musterformular als Anlage 2 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) wiedergegeben. Dies bedeutet, dass die Widerrufsbelehrung bzw. deren amtliches Muster auch vom Standpunkt des zukünftigen Rechts Gesetzeskraft hat und demgemäß durch die Instanzgerichte nicht verworfen werden kann. Diese sind an das amtliche Muster der Widerrufsbelehrung gebunden.

Bezugsbindung und direkte Investitionen von weniger als 75.000 Euro erfordern weiterhin eine Widerrufsbelehrung

Im Hinblick auf die weiteren Voraussetzungen

  • Begründung einer Bezugsverpflichtung aufgrund des Franchise-Vertrages,
  • Investitionen auf der Grundlage des Franchise-Vertrages von weniger als EUR 75.000,00 (Widerrufswertgrenze i.S.v. § 512 BGB)

ändert sich gegenüber dem gegenwärtigen Recht nichts. Diese Kriterien bleiben. Entsprechendes gilt auch für das verbraucherschutzrechtliche Schriftformerfordernis, d.h. die Verpflichtung, mit Existenzgründungs-Franchise-Nehmern abzuschließende Franchise-Verträge schriftlich festzulegen. Die derzeitige Regelung in § 510 BGB wird durch das Gesetz nicht neu gefasst.

Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen

Zukünftig ist das Recht zur Widerrufsbelehrung in § 355 BGB geregelt. Diese Vorschrift erhält am 13. Juli 2014 folgenden Wortlaut:

»(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Fall des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren. … «

Kernfrage: Wann beginnt die Widerrufsfrist?

Die Widerrufsbelehrung entspricht dem Grunde nach dem geltenden Recht. Neu ist nur der Zeitpunkt, zu dem die Widerrufsfrist beginnt. Hier sieht das Gesetz unterschiedliche Alternativen vor, sodass jedes Franchise-System prüfen muss, zu welchem Zeitpunkt die Widerrufsfrist für den abzuschließenden Franchise-Vertrag beginnt. Dies wird dann eine der Hauptstreitfragen sein, die sich beim Abschluss von Franchise-Verträgen vom 13. Juli 2014 an stellen wird.

Jedem Franchise-System ist daher zu raten, sich frühzeitig auf die neu gefasste Widerrufsbelehrung einzustellen und abzustimmen, auf welchen Zeitpunkt für den Beginn der Widerrufsfrist abzustellen ist, soweit Franchise-Verträge mit Verbrauchern bzw. Existenzgründungs-Franchise-Nehmern abgeschlossen werden, durch den Franchise-Vertrag eine Bezugsbindung begründet und die Widerrufswertgrenze des § 512 BGB i.H.v. EUR 75.000,00 nicht überschritten wird.

Soweit Franchise-Systeme Verträge mit Unternehmen abschließen, besteht derzeit keine Verpflichtung zur Widerrufsbelehrung. Daran ändert auch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie nichts. Eine Widerrufsbelehrung ist gegenüber solchen Franchise-Nehmern, bei denen der Abschluss des Franchise-Vertrages ein unternehmensbezogenes Rechtsgeschäft darstellt, auch vom 13. Juli 2014 nicht vorzunehmen.

Ab dem 13. Juli 2014 erlischt das Widerrufsrecht nach einem Jahr und 14 Tagen

In einem Punkt gibt es eine wesentliche zur Rechtssicherheit beitragende Änderung. Wird die Widerrufsbelehrung – obwohl notwendig – vergessen oder entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen, so erlischt das Widerrufsrecht nach einem Jahr und 14 Tagen. Bislang, d.h. bis zum 12. Juli 2014 kann in solchen Fällen der Widerruf zeitlich unbefristet erklärt werden.