Investitionsschutz des Franchise-Nehmers: Investitionen bei einem Franchisesystem

igenda FACHMAGAZIN
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Jeder Franchisenehmer ist verpflichtet, in sein Franchise-Outlet zu investieren – sei es, dass das Outlet baulich zu gestalten ist, eine entsprechende Einrichtung zu beschaffen und, insbesondere bei Franchise­systemen der Systemgastronomie, ständig gewartet und auf den neuesten Stand gehalten wird.

Soweit es sich um Franchiseverträge im Retail-Bereich handelt, kommt die ständige Innovation in die Gestaltung des Ladenbaus hinzu. Teilweise ist dies verbunden mit Verpflichtungen der Franchisenehmer, die innere und äußere Gestaltung des Ladenlokals an die geänderten Corporate Identity des Franchisesystems anzupassen. Insofern stellt sich für jeden Franchisenehmer immer die Frage, inwieweit diese Investitionen geschützt sind, insbesondere inwieweit dieser für seine Investitionen möglicherweise eine Entschädigung verlangen kann, wenn sich diese bei Beendigung des Franchisevertrages noch nicht (ganz oder teilweise) amortisiert haben.

Zu diesen Investitionen des Franchisenehmers, die dieser während der Laufzeit des Franchisevertrages aufzuwenden hat, sind auch Investitionen in Marketing- und Werbekonzepte zu rechnen; Investitionen, die dem Aufbau eines dauerhaften Kundenstamms dienen. Insofern stellt sich für jeden Franchisenehmer auch die Frage, ob diese Investitionen ggf. dadurch geschützt sind, dass diesem bei Beendigung des Franchisevertrages ein Anspruch auf Entschädigung für den insoweit von ihm geschaffenen Good-Will zusteht.

Investitionserstattungs­anspruch nach deutschem Franchise-Recht

Die Frage eines Investitionserstattungsanspruches eines Franchisenehmers wird von immer größerer Bedeutung, zumal er für die von ihm getätigten Investitionen kein Aufwendungsersatzanspruch nach Geschäftsbesorgungsrecht zusteht. Die Fragen, unter  welchen Voraussetzungen ein Franchisenehmer ein Investitionserstattungsanspruch zusteht, sind bislang ungeklärt. Fest stehen zwei Aspekte: Zum einen darf der Gedanke des Investitionsschutzes des Franchisenehmers nicht überdehnt werden, zum anderen steht ein solcher Investitionserstattungsanspruch unabhängig neben einem etwaigen Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen für den vom Franchisenehmer geschaffenen Kundenstamm.

Derzeit wird der Investitionsschutz eines Franchisenehmers damit begründet, dass im Rahmen eines Franchise-Vertragsverhältnisses für die Parteien, d.h. für Franchisegeber und Franchisenehmer, eine besonders ausgeprägte Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme besteht, die den Franchisegeber verpflichtet, ggf. nicht amortisierte Investitionen des Franchisenehmers zu erstatten. Dies bedeutet, dass sich der Inves­titionserstattungsanspruch eines Franchisenehmers nur nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben kann, jedoch immer bezogen auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles.

Daraus folgt zum einen, dass einem Franchisenehmer dann kein Investitionserstattungsanspruch zustehen kann, wenn es sich bei den von ihm getätigten Investitionen nicht um solche handelt, die vom Franchisegeber ausdrücklich gewünscht worden sind, sondern Investitionen, die der Franchisenehmer aus eigenem Antrieb vorgenommen hat, etwa um seine Gewinnchancen zu vergrößern. Solche Investitionen und deren Amortisierung fallen in das unternehmerische Risiko des Franchisenehmers. Diesem ist, wenn sich diese von ihm selbst vorgenommenen und in der Regel mit dem Franchisegeber nicht abgestimmten Investitionen bei Beendigung des Franchisevertrages nicht amortisiert haben, kein Investitionserstattungsanspruch zuzubilligen.

Die Besonderheit des Investitionserstattungsanspruches liegt jedoch darin, dass grundsätzlich ein Investitionserstattungsanspruch nur als Rechtsfolge des Ausspruchs einer ordentlichen Kündigung bestehen soll. Die Frage des Investitionsschutzes wird damit mit der Frage des Kündigungsschutzes eines Franchisenehmers verknüpft.

Sieht man also den Investitionsschutz als Bestandteil des Kündigungsschutzes an, so stehen Franchisegeber zukünftig vor der Frage, entweder eine ordentliche Kündigung auszusprechen und dann Gefahr zu laufen, dass der Franchisenehmer einen Investitionserstattungsanspruch wegen der noch nicht amortisierten aber vom Franchisegeber verlangten Investitionen geltend macht oder so lange mit dem Ausspruch der ordentlichen Kündigung zu warten, bis sich die Investitionen des Franchisenehmers amortisiert haben.

Letzteres mag in den Fällen möglich sein, in denen ein Franchisevertrag nur auf Zeit und jeweils mit einer Frist entsprechend dem Kündigungsschutzmodell gekündigt werden kann, also z.B. nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats. Hier kann sich dann der Franchisegeber von Fall zu Fall entscheiden, ob die ordentliche Kündigung ausgesprochen oder mit dieser noch solange zugewartet wird, bis sich die Investitionen des Franchisenehmers amortisiert haben. Dieser Gedanke des Abwartens greift aber dann nicht, wenn ein Franchisevertrag auf feste Zeitdauer abgeschlossen wird und endet, ohne dass es einer ordentlichen Kündigung bedarf. Hier hat der Franchisegeber keine Möglichkeit, mit der Beendigung des Franchisevertrages so lange zuzuwarten, bis sich die Investitionen des Franchisenehmers, die auf Forderungen des Franchisesystems zurückgehen, amortisiert haben.

Klarheit besteht auch darüber, dass ein Investitionserstattungsanspruch dann einem Franchisenehmer nicht zustehen kann, wenn der Franchisevertrag aufgrund einer fristlosen Kündigung des Franchisegebers eendet wurde, also der Franchisenehmer für die Beendigung des Franchisevertrages einen wichtigen Grund gesetzt hat. Dann hat dieser schuldhaft die vorzeitige Beendigung des Franchisevertrages herbeigeführt. Dieser kann dann nicht gegenüber einen Franchisenehmer, der bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Laufzeit seinen aus dem Franchisevertrag folgenden Pflichten nachgekommen ist, besser gestellt werden, indem diesen wegen einer vorzeitigen Beendigung des Franchisevertrages ein Investitionserstattungsanspruch zugesprochen wird.

Es ist also im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob bei der Beendigung des Franchisevertrages  ein Investitionserstattungsanspruch besteht. Nur, wenn auf den jeweiligen Einzelfall abgestellt wird, läuft die Diskussion über das Bestehen eines solchen Investitionserstattungsanspruchs nicht auf die insoweit diskutierte Formel „Kündigung nur gegen Schadensersatz bzw. Investitionserstattung“ hinaus.

Investitionserstattungsanspruch nach österreichischem Franchise-Recht

Gänzlich anders stellt sich die Rechtslage im Hinblick auf die von einem Franchisenehmer während der Vertragslaufzeit getätigten Investitionen nach österreichischem Recht dar. Hier hat der Franchisenehmer einen gesetzlichen Investitionserstattungsanspruch. Ein solcher kann auch nicht durch den Franchisevertrag abbedungen werden. Eine derartige Regelung des Franchise-Vertrages verstößt gegen gültige Gesetzte und ist unwirksam. Eine solche Vereinbarung kann nur nach Beendigung des Franchisevertrages zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer getroffen werden.

Insofern müssen also Franchisesysteme, die sowohl in Deutschland als auch in Österreich tätig sind, diesen zwingenden Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Franchise-Recht beachten.

Schutz vor Fehlinvestitionen

Etwas anderes ist der Gedanke, dass der Franchisegeber verpflichtet ist, den Franchisenehmer vor geschäftlichen Fehlinvestitionen zu bewahren. Dieser Gedanke ist bereits vom Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 24. April 1980 (BB 1980, 1471), also einer der ersten Entscheidungen zum Franchiserecht in Deutschland, festgestellt worden.

Der Franchisegeber ist aufgrund der im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses bestehenden Fürsorgepflicht verpflichtet, den Franchisenehmer vor Investitionen zu wahren, bei denen feststeht, dass es sich um Fehlinvestitionen handelt, etwa weil solche Investitionen bei anderen Franchisenehmern des Franchisesystems sich nicht amortisieren, sondern nur zu Verlusten geführt haben oder aber weil der Franchisegeber bereits selbst erkannt hatte, dass eine solche Investition für das Franchisesystem insgesamt und damit auch für die einzelnen Franchisenehmer nur ein „Verlustbringer sein kann“.

Rücknahme des Warenbestandes

Kein Fall des Investitionserstattungsanspruches ist die im Rahmen eines Franchisevertrages vom Franchisegeber eingegangene Verpflichtung, den beim Franchisenehmer lagernden Warenbestand bei Beendigung des Franchisevertrages zurückzunehmen.

Hierbei handelt es sich um eine Verpflichtung, die in der Regel auch deswegen vereinbart wird, weil die Waren, die vom Franchisenehmer in seinem Franchise-Outlet abgesetzt werden, mit der Marke des Franchisesystems gekennzeichnet sind. Jeglicher Weiterverkauf dieser Waren nach Beendigung des Franchisevertrages würde demgemäß einen Markenverstoß des Franchisenehmers darstellen. Insofern ist die Verpflichtung des Franchisegebers, die beim Franchisenehmer noch lagernden Waren, soweit diese sich noch in einem verkaufsfähigen Zustand befinden, zurückzunehmen, auch ein Ausdruck der auch nach Beendigung eines Franchisevertrages bestehenden Fürsorgepflicht des Franchisegebers gegenüber dem – dann ausgeschiedenen – Franchisenehmer.

Alternativ kann diese Rücknahmeverpflichtung allerdings dadurch vertraglich ausbedungen werden, indem dem Franchisenehmer das Recht eingeräumt wird, nach Beendigung des Franchisevertrages noch für einen Zeitraum die Waren des Franchisesystems abzuverkaufen, also insoweit einen Räumungsverkauf zu reduzierten Preisen durchzuführen.

Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen

Neben einem etwaigen Investitionserstattungsanspruch steht die Frage, ob einem Franchisenehmer auch bei Beendigung des Franchise­vertrages ein Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen zusteht. Diese Frage dürfte aber zwischenzeitlich durch die neuere Rechtsprechung in fast allen Teilbereichen als gelöst anzusehen sein. Einem Franchisenehmer steht nach dieser neueren Rechtsprechung entgegen der früher geäußerten Ansicht nur unter engen Voraussetzungen ein Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen zu.

FranchiseVertrag als Markenlizenzvertrag

Bei zahlreichen Franchisesystemen, insbesondere bei Franchiseverträgen im Dienstleistungsbereich, steht die Lizenzierung der Marke des jeweiligen Franchisesystems im Vordergrund. Der Franchisevertrag hat dann in der Regel den Charakter eines Markenlizenzvertrages. Bei einem solchen ist der Franchisenehmer aber nicht entsprechend dem gesetzlichen Modell des Handelsvertreterrechts in die Absatzorganisation des Unternehmers, d.h. des Franchisegebers eingegliedert. Dieser vermittelt keine Aufträge von Endverbrauchern für die vom Franchisegeber hergestellten Produkte. Für solche Franchiseverträge hat der BGH im Urteil vom 29. April 2010 ausdrücklich festgestellt, dass dann kein Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen besteht. In der Regel besteht durch diese Entscheidung des BGH kein Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen bei Dienstleistungs-Franchisesystemen.

FranchiseSystem und Betreibermodell

Zahlreiche Franchisesysteme, insbesondere die im Einzelhandelsbereich, werden als Betreibermodell betrieben, d.h. das Franchise-Outlet wird dem Franchisenehmer voll eingerichtet zur Verfügung gestellt; dieser hat keine eigenen Investitionen zu tätigen und die Produkte werden an eine unbestimmte Anzahl von Kunden verkauft. Insofern liegt ein „anonymes Massengeschäft“ vor. Bei einem solchen anonymen Massengeschäft hat der BGH im Urteil vom 5. Februar 2015 festgestellt, dass auch nach dem Grundsatz der faktischen Kontinuität des Kundenstamms kein Ausgleichsanspruch besteht.

Insofern ist ein Ausgleichsanspruch eines Franchisenehmers trotz eines akquirierten Kundenstamms für diesen nach Handelsvertreter­grund­sätzen ausgeschlossen, wenn er den Kundenstamm, den dieser dem Franchisegeber bei Beendigung des Franchisevertrages über­lässt, nicht namentlich erfassen kann, eben weil es sich um ein anonymes Massengeschäft handelt.

Damit bleibt für einen Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen nur ein solcher Franchisevertrag „übrig“, bei denen der Franchisenehmer Produkte des Franchisegebers an namentlich benannte Kunden absetzt und diesen Kundenstamm bei Beendigung des Franchisevertrages auch dem Franchisegeber übergibt. Dies betrifft vor allem Kosmetik-Franchisesysteme, bei denen die Franchisenehmer die vom Franchisegeber selbst hergestellten Kosmetikprodukte absetzen, in der Regel auch noch eine kosmetische Behandlung bei den Kunden vornehmen und insofern die Kunden – auch für zentrale Marketing- und Verkaufsförderungsmaßnahmen – mit Name und Anschrift erfassen.

Fazit

Festzuhalten ist, dass aufgrund der „JOOP!-Entscheidung“ (BGH vom 29. April 2010) und der „Kamps-Entscheidung“ (BGH vom 5. Mai 2015) nur noch in Ausnahmefällen einem Franchisenehmer ein Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen zustehen dürfte.

Möglicher Ausweg: Bewertung des Franchise-Outlets

Als Ausweg könnte sich anbieten, im Rahmen eines Franchisevertrages festzuhalten, dass bei Übernahme des Franchise-Outlets durch den Franchisegeber nach Beendigung des Franchisevertrages an den Franchisenehmer eine Entschädigung gezahlt wird, die sich nach den Grundsätzen der Unternehmensbewertung ermittelt. Dies hätte zum einen den Vorteil, dass nicht amortisierte Investitionen des Franchisegebers in die Unternehmensbewertung mit einbezogen werden können und zum anderen nicht die Frage diskutiert werden muss, ob der Kundestamm nun faktisch oder aufgrund namentlich bekannter Anschriften auf den Franchisegeber übergeht. Durchgesetzt hat sich dieser Gedanke nicht; vielmehr ist vereinzelt immer wieder argumentiert worden, dass solche in einem Franchise-Vertrag enthaltenen Regelungen gegen das gesetzgeberische Wertungsmodell verstoßen. Die Konsequenz ist dann eine Unwirksamkeit dieser vertraglichen Regelung wegen unangemessener Benachteiligung des Franchisenehmers.

Insofern ist hier die Diskussion um einen Schutz des vom Franchisenehmer geschaffenen Kundenstamms an einem Scheideweg angekommen: verbleit es bei den Grundsätzen der vorgenannten BGH-Entscheidungen, so steht einem Franchisenehmer nur in Ausnahmefällen ein Ausgleichsanspruch für den von ihm geschaffenen Kundenstamm zu. Soll dem Franchise­nehmer entgegengekommen werden und wird vereinbart, dass bei Übernahme des Franchise-Outlets durch den Franchisegeber eine Entschädigung nach Unternehmensbewertungsgrundsätzen geleistet wird, so besteht Gefahr, dass diese Regelung unwirksam ist. Hier gilt es die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung abzuwarten.